Unter Klebstoffen versteht man im gewöhnlichen Sprachgebrauch zumeist flüssige oder weiche Massen, welche dazu dienen, Verbindungen zwischen zwei Dingen herzustellen, sie zusammenzukleben.
Je nach Art der zu klebenden Stoffe – Holz, Papier, Leder, künstliche oder natürliche Steine, ja selbst Metalle oder Glas – muss der zu verwendende Klebstoff verschieden gewählt werden. Es wäre technisch und wirtschaftlich falsch, würde man z. B. zum Tapezieren eines Zimmers den teuren tierischen Leim, zum Zusammenkleben von Holzteilen aber Dextrin benutzen.
Der Vorgang des Zusammenklebens geschieht so, dass die beiden Flächen, die aufeinander haften sollen, mit Klebstoff bestrichen werden; der flüssige Klebstoff dringt in die Poren und Unebenheiten beider Flächen ein, so dass beim Aufeinanderlegen oder Pressen beider und beim nachfolgenden Trocknen bzw. Erhärten des Klebstoffes praktisch jeder Zwischenraum verschwunden ist; dadurch entsteht die Haftung. Bekannt ist ja zum Beispiel das außerordentlich feste Aneinanderhaften völlig trockener, aber ganz plan geschliffener Glasplatten, die man, um auch die letzten Spuren Luft zu entfernen, erwärmt und dann aneinander gedrückt hat. Es gelingt nicht leicht, sie auch nur voneinander zuschieben, geschweige sie voneinander abzugeben. Ein dazwischen gebrachter Tropfen Wasser wirkt, wie jeder Mikroskopier weiß, wie ein Klebstoff.
Kleben heißt – mit einem wissenschaftlichen Fremdwort bezeichnet – Adhäsion herstellen.
Man unterscheidet im allgemeinen Klebstoffe tierischen und solche pflanzlichen Ursprungs. Unter ersteren ist der wichtigste der Leim, der unter den Namen: Kölner Lein, Knochen-, Leder- oder Tischlerleim gehandelt wird und in den bekannten braunen Tafeln auf den Markt kommt.
Der tierische Leim des Handels ist ein getrocknetes Umwandlungserzeugnis tierischer Stoffe (entkalkter Knochen, Lederabfälle, Sehnen, Bänder, Knorpel u. dgl.). Es muss das verlorene Wasser wieder aufnehmen, um zum Klebstoff zu werden. Man zerschlägt daher die glasharte Tafel mit einem Hammer und bedeckt die Trümmer in einem irdenen oder rostfreien emaillierten Gefäß mit Wasser, welches man einen bis zwei Tage darauf stehen lässt. Unter starker Zunahme ihres Umfanges und unter Aufnahme des größten Teiles des Wassers ist aus den durchscheinenden Stücken des Tafelleims eine milchig trübe, weiche, bewegliche Gallerte geworden, welche bei geringer Wärme zu einer dünnen Leimbrühe von großer Klebkraft zerfließt.
Niemals setzte man aber das Gefäß mit Leim auf Feuer oder auf die heiße Herdplatte, weil dann unweigerlich der Leim verbrennt, kohlige Krusten bekommt und an Klebfähigkeit verliert. Stets darf das Verflüssigen nur im Wasserbade geschehen, d. h. das den Leim enthaltende Gefäß wird in ein größeres, heißes Wasser enthaltendes gestellt, so dass niemals eine Überhitzung des Wassers stattfinden kann.
Gut bewährt hat sich bei mir folgende Einrichtung:
An einer gewöhnlichen, randsauber hergerichteten Konservenbüchse von 1 kg Inhalt befestigt man einen Holzgriff mittels zweier Nägel oder Schrauben, legt auf den Boden einige Murmeln (Schussern), stellt den Leim enthaltenden Emaillebecher hinein, füllt die Konservendose zum Teil mit warmen Wasser und stellt das ganze an eine heiße Stelle des Küchenherdes oder auf eine Gas- oder Spiritusflamme, bis der Leim gerade verflüssigt ist. Mit einem sauberen, nicht aushaarenden Pinsel streicht man ihn aus, wäscht den Pinsel nach Gebrauch aus, entfernt das Wasser aus dem äußeren Gefäß und bedeckt den Leim zum Schutz vor Staub und Schimmelkeimen mit einem Deckel.
Neuerdings ist im Handel der so genannte „Perlenleim“ erschienen, welcher, anstatt in den nur langsam weichenden Tafeln, in Tropfen- bzw. Kugelform hergestellt ist und demzufolge in ganz kurzer Zeit einen klebfähigen Leim ergibt.
Um einen stets flüssigen, beim Erhalten nicht erstarrenden Leim z. B. für Bürozwecke, herzustellen, behandelt man den auf die oben beschriebene Weise gelösten Leim auf dem siedenden Wasserbade einige Stunden lang mit kleinen Mengen Salpetersäure oder Essigsäure; eine Vorschrift lautet z. B. folgendermaßen:
500 g Tafelleim lässt man in 1300 g Wasser quellen und erwärmt mit 6-8 g konzentrierter Salpetersäure einige Stunden lang unter Ersatz des verdampften Wasser aus dem siedenden Wasserbade, bis ein herausgenommener Tropfen beim Erkalten nicht mehr erstarrt. Zum Schluss gibt man eine Kleinigkeit Schlämmkreide oder gelöschten Kalk hinzu, um die überschüssige Säure abzustumpfen. (Vorsicht beim Arbeiten mit starken Säuren!)
Energischer noch als Salpetersäure wirkt die konzentrierte Essigsäure (Eisessig) gallertverhindernd; von ihr braucht man nur die Hälfte (3-4 Teile) der benötigten Salpetersäure.
Für ganz feine Arbeiten, z. B. Aufziehen von Photographien, Kleben von Säure- oder alkali-empfindlichen Buntpapiers, benutzt man am besten frisch bereiteten Kartoffelmehlkleister.
Zur Herstellung des Kartoffelmehlkleisters verfährt man folgendermaßen:
Man bringt in einem irdenen oder mit tadelloser Emaillierung versehenen Topf einen halben Liter Wasser zum Sieden; inzwischen rührt man in einem anderen Gefäß 125 g Kartoffelstärke mit 365 ccm handwarmen Wasser zu einer klümpchenfreien Milch an und gießt dieselbe unter ständigem Rühren in das siedende Wasser.
Um die Bildung einer oberflächlichen „Haut“ wie bei gekochter Milch, zu verhindern, bedeckt man das Gefäß bis zum Abkühlen mit einem fest schließenden Deckel. Sollte der Kleister etwas zu steif geraten sein, kann man nach dem Erkalten noch etwas Wasser einrühren. Um bei nicht gleich ganz verarbeitetem Kleister die Schimmelbildung zu verhüten, setzt man zu je 1 Liter einige Tropen käufliches Formalin, Karbolsäure, Teeröl, Kupferchlorid oder dgl. zu.
Frischbereiteter Stärkekleister lässt infolge kolloidchemischer Vorgänge nach einigen Tagen Wasser fahren; er ist demnach kein Dauerpräperat.
Um ein solches, der so genannten „amerikanischen Klebpaste“ gleichendes Erzeugnis herzustellen, verfährt man folgendermaßen;
In einem halben Liter Wasser gibt man 5 ccm konzentrierte, reine Salzsäure (Vorsicht! Stark ätzend!) und bringt das Gemisch zum Sieden. Nun bereite man, ebenso wie beim frischen Stärkekleister beschrieben, eine klümpchenfreie Milch aus 125 g Kartoffelmehl und 375 ccm Wasser und gießt diese Milch in 3-4 Portionen, mit Unterbrechungen von einigen Minuten, in das siedende, saure Wasser, wobei man jedes Mal abwartet, bis die siedende Masse ganz dünnflüssig geworden ist. Man erhält noch 5-10 Minuten im Sieden, achtet jedoch darauf, dass die Gasflamme oder das Herdfeuer nicht zu heftig ist, weil sonst leicht ein Anbrennen und damit ein Dunkelfärben des Klebstoffs eintreten kann. Nachdem auch nach dem Eintragen des letzten Anteils der Stärkemilch die Masse wieder ganz dünnflüssig geworden ist und, wie schon gesagt, noch 5-10 Minuten gesotten hat, nimmt man sie vom Feuer, lässt sie fast ganz erkalten und stumpft die darin vorhandene Säure mit einer konzentrierten Sodalösung, Seifensteinlauge oder Kalkmilch ab. Um von diesen Neutralisierungsmitteln nicht zuviel zuzusetzen, verfährt man am besten so, dass man dem halb erkalteten Klebstoff einige Tropfen einer auf Säure bzw. Alkali reagierenden Farbstofflöschung zusetzt, z. B. Lackmustinktur, Phenophtaleinlösung, Metyhlorange, Kongorot oder dgl. und erst dann die Soda-, Seifensteinlösung oder dergleichen zubringt.
Hat man etwa Lackmustinktur gewählt, so erscheint die Klebstofflösung nach deren Zusatz rot; setzt man allmählich die die Säure abstumpfende Soda- usw. Lösung zu, so tritt, gerade wenn die Abstumpfung vollendet und Neutralisation erreicht ist, ein Farbumschlag von rot auf blau ein. Bei der Wahl von Kongorot ist es gerade umgekehrt; der Umschlag tritt von blau auf rot ein; bei Phenolphtalein (alkoholische 1%ige Lösung verwenden!) von farblos auf kirschrot usw.
Beim Neutralisieren darf der beschriebene „Umschlag“ gerade eben erreicht, aber nicht überschritten werden. Zur Vermeidung der oberflächlichen Bildung einer Haut verschließt man das Gefäß mit einem Deckel bis zur völligen Abkühlung.
Nun ist der Klebstoff fertig; man setzt ihm zur Verhütung der Schimmelbildung ein Konservierungsmittel, z. B. einige Tropfen Teeröl, Karbolsäure, Formalin, Salizylsäurelösung, benzoesaures Natron oder dgl. zu und überlässt ihn bis zum nächsten Tage sich selbst.
Er ist bis dahin völlig erkaltet und undurchsichtig geworden und hat schlagartig plastische Beschaffenheit angenommen; die Eigenschaft des frischen, einfachen Mehlkleisters, Wasser fahren zu lassen, hat dieser Säurekleister nicht mehr.
Er eignet sich zum Kleben von Papier und Kartonnagen aller Art: für stärkere Kartons muss man ihn ein wenig konzentrierter herstellen, z. B. anstatt 125 g Kartoffelmehl 140-150 g anwenden und dementsprechend weniger Wasser, immer aber so, dass die Gesamtmenge des Erzeugnisses 1000 g beträgt.
Von Julius H., Berlin-Spandau