Jeder Bastler, der schon Buntpapiere (richtiger ausgedrückt: Ölmarmorpapiere) auf einer Wasserfläche mit aufgelösten Öl- oder Druckfarben herzustellen versucht hat, wird gefunden haben, dass diese Technik spielend leicht zu handhaben ist und Misserfolge hierbei so gut wie ausgeschlossen sind.
Trotzdem man sich dieser Technik der Einfachheit wegen gerne bedient, wird man sich doch immer wieder daran stoßen, dass man beim Auftragen der Farben und beim Zusammenstellen von Marmor- oder Phantasiemustern keine willkürliche Verteilung der Farben erreichen kann, sondern sich ganz auf Zufallsgebilde beschränken muss.
Dieses Übel lässt sich nun ganz überhaupt nicht beseitigen, doch ist man imstande, wenn man sich nachfolgende Ausführungen zu Eigen macht, diese Nachteile bis auf ein Geringes auszumerzen und auf die Verteilung der Farben und Bildung von Mustern einen größeren Einfluss auszuüben.
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Bei unserer ersten Ölmarmorpapierherstellung füllten wir ein Becken mit Wasser, lösten verschieden Öl- oder Druckfarben in reinem Terpentinöl auf und spritzten diese auf die Wasserfläche. Nachdem die Farben sich auf der Wasserfläche verteilt hatten, legten wir einen Bogen Papier auf den Wasserspiegel, den wir, wenn die Farben in das Papier eingezogen waren, wieder abhoben, um ihn an der Luft zu trocknen. Sobald die Farben mit dem Wasserspiegel in Berührung gekommen waren, hatten sie sich auf diesem schnell ausgebreitet und waren wahllos durcheinander geschwommen, ohne dass man imstande gewesen wäre, die Farben nach eigenem Geschmack zu einem Muster aufzuspritzen und zu gruppieren. Wir werden nun bei einer nächsten Ölmarmorpapierherstellung versuchen, diese Übelstände durch einige Verbesserungen weitmöglichst zu beseitigten.
Das Becken oder die Wanne füllen wir jetzt anstatt mit Wasser mit einem Schleimgrund. Der Schleimgrund wird aus einer Abkochung von Caragaheenmoos oder Tragant hergestellt. Auf diesem Schleimgrund verbreiten sich die aufgespritzten Farben nicht so schnell wie auf dem Wasserspiegel, d. h. sie treiben träger.
Die Farben lösen wir nicht mehr nach eigenem Gutdünken auf, sondern stimmen sie auf ihre Treibkraft hin aufeinander ab, so dass die Farben sich nicht mehr wesentlich gegenseitig verdrängen können. Die verschieden starke Treibkraft der Farben wird durch Zusetzen von präparierter Ochsengalle ausgeglichen.
Große Farbflächen teilen wir durch Aufspritzen von Seifenspiritus in feine Äderchen.
Zu den Hilfswerkzeugen. Sprenggitter und Sprengbürste fertigen wir uns als drittes noch ein Kammbrett an. Das Kammbrett brauchen wir, um bei Wolken- und Marmormuster die Farben durcheinander zu ziehen.
Zur Herstellung des Schleimgrundes (Caragheenmosgrund) nimmt man auf je 1 Liter Wasser 12 Gramm Caragheenmoos (irländischer Knorpeltang). Das Wasser lässt man in einem reinen und fettfreien Topfe aufwallen, schüttet dann das Moos hinein und lässt es fünf Minuten kochen. Bei längerem Kochen wird der Grund trübe. Den fertig gekochten Grund seiht man durch ein grobes Leinentuch und schüttet ihn dann in die Zinkwanne. Der nunmehr fertige Grund wird bis zu seinem Gebrauche staubdicht verschlossen.
Ein anderer Schleimgrund wird aus dem getrockneten schleimigen Saft der Ustragalusstrauches gewonnen wird. Er hat ein bandartiges Aussehen und ist gelblich gefärbt. Stark gelber oder bräunlicher Tragant darf nicht benutzt werden. Zur Herstellung eines guten Schleimgrundes nimmt man auf ein Liter kalten Wassers 10 Gramm Tragant. Diese Lösung muss man unter häufigem Umrühren mindestens drei Tage stehen lassen. Da der Tragant sich nicht ganz auflöst, so darf man nur das völlige Gelöste abschütten und verwenden.
An Stelle des hier beschriebenen Caragaheenmoss- und Tragantgrundes ist auch Seifenwasser und stark verdünnter Kleister brauchbar.
Das Kammbrett ist eine Leiste aus weichem Holz, etwa 10 cm lang und 2 cm breit, in die in gewissen abständen Nägel oder Stecknadeln eingelassen werden, s. Abbildung oben.
Ochsengalle. Um den Farben je nach Verwendung eine größere Treibkraft zu verleihen, setzt man ihnen Ochsengalle zu. Ochsengalle ist als fertiges Präparat in allen einschlägigen Fachgeschäften und Drogerien erhältlich. Selbst präparieren kann man die Galle nach folgenden, altbewährtem Buchbinderrezept:
Eine rohe, aber frische Rindergalle wird einige Male filtriert und dann mit dem sechsten Teile ihres Eigengewichtes, 90 % Spiritus, gleich 20 Gramm, versetzt (das gibt dann 210 Gramm präparierte Galle). Diese hält sich, wenn sie luftdicht verschlossen und kühl aufbewahrt wird, jahrelang.
Seifenspiritus. Ein bestimmtes Quantum Seifenspiritus wird mit der fünffachen Menge Leitungswasser verdünnt. Er wird nicht wie die Ochsengalle den Farben zugesetzt, sondern als Sprengwasser verwendet. Spritzt man ihn über die aufgetragenen Farben, so teilen sich die großen Farbflächen in feine Äderchen.
Die Farben. Wenn der Schleimgrund, die Ochsengalle und Werkzeuge gebrauchsfertig zur Stelle sind, muss man den in Terpentin aufgelösten Farben sein besonderes Augenmerk zuwenden. Man gießt in eine kleine Schale etwas Wasser, am besten aber Moosgrund, und bringt von den zu verwendenden Farben je einen Tropfen in abgemessener Entfernung auf den Grund. Jetzt wird man bestätigt finden, dass die einzelnen Farben eine ganz unterschiedliche Treibkraft besitzen. Das Treiben zeigt sich darin, dass die verschiedenen Farben in gleicher Menge auf die gleiche Wasser- oder Grundfläche gebracht, sich diese in verschieden großem Maße streitig machen. Man muss durch Zusetzen von Galle versuchen, allen Farben ungefähr dieselbe Treibfähigkeit zu verleihen, so dass sie sich gegenseitig nicht wesentlich verdrängen können. Eine ganz genaue gegenseitige Abstimmung der Farben lässt sich hierdurch natürlich auch nicht erreichen. Doch ist man durch die ungefähre Abstimmung der Farben in der Lage, mit diesen willkürlicher arbeiten zu können.
Das Färben auf einem Schleimgrund. Die Wanne wird mit einem der vorbenannten Gründe gefüllt, wovon man wohl der Billigkeit wegen den Caragaheenmoosgrund bevorzugen wird. Auf einem Schleimgrund kann man mit Hilfe der verschiedenen Farben, Hilfswerkzeuge und Papiere geschmackvolle und farbenfreudige Muster anfertigen. Tropft man ein wenig Farbe auf den Grund, so wird man im Gegensatz zum Wassserbade finden, dass hier die Farben sehr träge treiben. Hierdurch ist man imstande, auf die Bildung der Muster einen größeren Einfluss auszuüben. Die Zusammenstellung von Mustern hängt natürlich ganz von dem Geschmack und der Geschicklichkeit des Ausführenden ab. Durch Zuhilfenahme der verschiedenen Werkzeuge ist aber jeder in der Lage, Papiere von angenehmer Wirkung herzustellen. Da man hierüber keine bestimmten Regeln aufstellen kann, so soll hier nur noch die Handhabung der einzelnen Werkzeuge erklärt werden.
Die Handhabung von Sprenggitter und –bürste. Das Sprenggitter hält man in abgemessener Entfernung über die Wanne, taucht die Sprengbürste in den verdünnten Seifenspiritus und fährt damit über das Gitter hin und her. Hierdurch wird der Seifenspiritus in ganz kleinen Tröpfchen auf den Farbenteppich gesprengt und bewirkt so, dass die Farbenflächen eine feinadrige Struktur annehmen.
Bei einem anderen Versuche taucht man die Bürste in eine der Farben und sprengt sie durch das Gitter auf den Grund.
Die Verwendung des Kammbrettes. Man taucht einen Pinsel in eine bestimmte Farbe und schlägt ihn auf den Mittelfinger der linken Hand leicht auf, so dass Tropfen für Tropfen in eine angemessene Entfernung auf den Grund fallen. Hierauf nimmt man eine zweite Farbe und sprengt sie in die Zwischenräume der ersteren usw. Man vermeide hierbei möglichst, die Farben aufeinander zu sprengen. Hat man auf diese Weise einige Farben aufgetragen, dann nimmt man das Kammbrett oder einen Stift und zieht die Farben nach belieben durcheinander.
von Heinrich W., Aachen.